Mein Gap-Year nach dem Bachelor - ein Fazit
Bericht von Florica Gay (EMK Jahrgang 2016), Übersetzung: Stella Eißner
Nach mehreren ziemlich intensiven Monaten mit mehr oder weniger gut organisierten Umzügen und ohne einen wirklichen Plan, was ich später machen würde, verteidigte ich im September 2018 endlich meine Bachelorarbeit. Ohne die Zeit gehabt zu haben, nach einem Master zu suchen oder andere Pläne zu schmieden, entschloss ich mich dazu, eine Pause einzulegen. Und damit bin ich definitiv nicht die Einzige- es gibt wahrscheinlich genauso viele mögliche Formate für ein Sabbat-Jahr wie EMK Studenten.
Die erste Frage mit der ich mich auseinandersetzen musste, ist die Folgende: Wie kann ich eine Pause machen ohne meinen Studentenstatus zu verlieren? Denn ja, theoretisch kann man auch einfach ein Gap-Year machen, ohne irgendwo eingeschrieben zu sein, aber in der Praxis ist es nun mal auch sehr hilfreich diesen Status beizubehalten, sei es für die Convention de Stage oder die Krankenkasse. Ich hatte also zwei Möglichkeiten: Die Arbeit an meiner Bachelorarbeit in die Länge zu ziehen oder mich für einen Master zu bewerben und einen Antrag für ein Sabbat-Jahr zu stellen. Tatsächlich hatte ich absolut keine Lust, meine Bachelorarbeit zu verzögern, deshalb entschloss ich mich für den klassischen Antrag für mein Jahr Pause. Diese Wahl hat unter anderem den Vorzug, dass man seinen Masterplatz im Folgejahr sicher hat, aber es gibt auch Nachteile. Lyon 2 hat mir zum Beispiel eine Convention de Stage verweigert (jedes Praktikum muss an eine bestimmte Anzahl an Unterrichtsstunden gekoppelt sein, was bei einem offiziellen Sabbat-Jahr leider nicht der Fall ist). Ich war deshalb dazu gezwungen, ein Praktikum in einem Unternehmen in Deutschland zu finden, das keine universitäre Praktikumsbescheinigung verlangt.
Also war ich Anfang Oktober 2018 schließlich ohne Projekt oder Praktikum in Berlin. Wie auch viele andere EMKler vor mir, bewältigte ich diese schwierige Phase der Suche nach Praktika/Arbeit/Ehrenamt ohne wirklich zu wissen, wohin ich eigentlich will. Ein aufmerksamer Freund machte mich dann auf eine Anzeige aufmerksam, woraufhin ich mich gleich bewarb und für ein dreimonatiges Praktikum in der Redaktion der Arte-Sendung Xenius im Labo M in Berlin genommen wurde. So französisch wie ich bin, habe ich mich natürlich nur grummelnd an die 40 Stunden-Wochen angepasst und auch einige Tage gebraucht, bis ich mich an den komplett anderen Lebensrhythmus gewöhnt hatte. Aber die Aufgaben wurden sehr schnell sehr spannend, sei es die Themenrecherche für zukünftige Sendungen, die Dreharbeiten oder die Montagevorbereitungen. Es war für mich DIE Gelegenheit, die Audiovisionsbranche in einem dynamischen Unternehmen kennenzulernen.
Naja, ich kann mich auch an sehr mühselige Telefongespräche erinnern, in denen mir zum Beispiel ein Bionik-Experte versuchte auf Deutsch zu erklären, welche Rolle die Krallen eines Geckos in der Robotertechnik und der Weltraumforschung spielen. Aber insgesamt waren die drei Monate sehr lehrreich. Ich wurde noch einen Monat länger als Werksstudentin eingestellt und habe ihn damit genutzt, mir ein Netzwerk im audiovisuellen Bereich in Berlin aufzubauen. Ein Praktikum kann also auch einen folgenden Arbeitsvertrag ermöglichen, was auch für viele andere EMKler der Fall war. Einige haben mir erzählt, dass die Rückkehr an die Uni nach einem solchen Arbeitsvertrag nicht immer leicht ist. Wenn man einmal anfängt, seinen Platz in einem Berufsfeld zu finden, kann es sehr verlockend sein, dort zu bleiben und den Master doch nicht zu machen.
Ich für meinen Teil hatte schon beschlossen mein Studium weiterzuverfolgen. In Lyon 2 hatte ich zwar schon meinen Masterplatz sicher, aber ich entschied mich dann doch für einen Studiengang in Deutschland. Nach dem Praktikum habe ich also an meinen Bewerbungen gearbeitet und einen Antrag für eine Studienbeihilfe beim Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD- wo es viele finanzielle Hilfen für deutsche Studenten im Ausland oder ausländische Studenten in Deutschland gibt) gestellt. Wie andere, habe ich die Zeit natürlich auch genutzt, hier und da ein paar Reisen zu unternehmen, aber ich konnte auch ein Theaterstück realisieren und zukünftige Projekte weiterentwickeln.
Das Sabbat-Jahr war die Gelegeheit für mich, Dinge umzusetzen, die ich während meines Bachelors schon im Kopf hatte, aber nie die Zeit, sie tatsächlich auch umzusetzen. Ich bin nicht die Einzige, die euch das Gap-Year wärmstens empfehlen kann: So viele EMK Studenten haben mir bestätigt, dass es eine tolle Möglichkeit ist, um längere Praktika zu machen, was man sich ja während des Bachelors oder Masters meist nur schwer einrichten kann. Oder einfach nur um ans andere Ende der Welt zu reisen, sei es im Rahmen eines Freiwilligendienst oder aus Interesse an anderen Kulturen. Viele Alumnis finden, dass die Erfahrungen, die sie während des Sabbatjahrs gesammelt haben, für den Arbeitsmarkt mindestens genauso nützlich wie das EMK Studium selbst sind. Ja, es kann ein bisschen Angst machen, eine Pause einzulegen (vor allem, wenn man an das französische System gewöhnt ist), aber um es mit den Worten eines Freundes von mir zu sagen, „ein Sabbatjahr ist nie ein verlorenes Jahr, wenn du dir die Möglichkeit gibst, daraus den maximalen Vorteil zu ziehen!“.